Terpene im Fokus: Myrcen

Spätestens seit der Entourageeffekt in aller Munde ist, wissen wir, dass Terpene nicht nur lecker schmecken; sie haben auch ein unglaublich großes, medizinisches Potential. Es gibt über 8000 von ihnen, und über 30.000 verwandte Terpenoide, weshalb wir uns in dieser Reihe auf die wichtigsten im Cannabis vorkommenden konzentrieren.

Myrcen 

Myrcen ist ein farbloses Monotertpen, welches in vielen Pflanzen, und in hohen Konzentrationen auch im Cannabis vorkommt. Es hat seinen Siedepunkt bei 167 Grad Celsius, ist aber, da es wie alle Terpene flüchtig ist, auch bei Raumtemperatur schnell verschwunden. Und das ganz, ohne ihre Siedetemperatur zu erreichen. Deshalb ist es wichtig, sein Cannabis luftdicht zu lagern, und Fläschchen mit Terpenen immer sorgfältig verschlossen zu halten.Myrcen ist eines der am besten erforschten Terpene, was an seinem häufigen Vorkommen in hoher Konzentration liegt. In Cannabis kann es beispielsweise 50% des gesamten Terpengehalts ausmachen. Zusätzlich hat es eine der einfachsten chemischen Strukturen, und ist somit der Grundbaustein für viele andere Terpene; ähnlich dem CBGa unter den Cannabinoiden. 

Geruch und Vorkommen 

Wie erwähnt, kommt Myrcen in vielen Pflanzen vor, und sorgt dort für eine erdige, kräftige, würzige, herbe, rauchige, schwere und dominante Note, die entfernt an Sandelholz erinnert. Es kommt zum Beispiel in Kiefern, Wacholder, Ingwer, Hopfen, Kümmel und der Mango vor. Von Letzterer hat jeder Rauch- (oder Dampf-) freund schon einmal gehört, und zwar wahrscheinlich im Zusammenhang mit einem heftigeren Rausch, nach Verzehr einer solchen. Leider muss ich euch diesen Zahn ziehen, denn ein Gramm durchschnittliches Weed enthält ca 23 mal so viel Myrcen wie eine Mango. Sollte sie den Rausch also verstärken, liegts nicht allein am Myrcen. Zur Verstärkung und Modellierung des Highs ist Myrcen allerdings sehr wohl geeignet. 

Mangos: Lecker & gesund sind sie allemal

Wirkung und Verwendung 

In Studien (an Nagern) wurden inzwischen stark entzündungshemmende, sowie muskelentspannende Effekte nachgewiesen; zudemdem ist Myrcen wahrscheinlich ein starkes Beruhigungsmittel. Außerdem ist es, durch die Förderung der Ausschüttung endogener (körpereigener) Opioide stark schmerzlindernd, was es in Kombination mit seinen anderen Eigenschaften interessant für die Behandlung chronisch entzündlicher Erkrankungen wie Arthritis macht. Zusätzlich stärkt Myrcen das Immunsystem, indem es Stickoxide in Zellen hemmt. Diese Eigenschaft wird auch als immunmodulierend bezeichnet. Die interessanteste Eigenschaft dieses Terpens ist allerdings die Synergie, die es mit Cannabinoiden eingeht. Eine Synergie bedeutet, dass sich Wirkungen von Stoffen gegenseitig verstärken (Entourageeffekt); teils sogar so sehr, dass Konzentrationen wirksam werden, die es isoliert nicht gewesen wären. So lässt sich vielleicht irgendwann auch der Mango – Mythos erklären, denn irgendetwas passiert da ja offenbar. Leider sind diese Synergien und der Entourageeffekt noch schlecht erforscht, und so gibt es “nur” zu sagen, dass Myrcen in Tierversuchen die Absorbtion von Cannabinoiden (THC und CBD sind getestet worden) durch die Blut – Hirn Schranke erhöht. So ist es möglich, dass mehr Cannabinoide (Menge, nicht Anzahl) an die Rezeptoren andocken. Außerdem erhöhte Myrcen in den Studien die Affinität der Cannabinoide zum CB1 Rezeptor. Dies führt dazu, dass die schmerzlindernde Wirkung verstärkt wird, unabhängig von der ohnehin bestehenden Schmerzlinderung, die Myrcen von sich aus hervorruft. Es ist also wahrscheinlich ein sehr wirksamer Ansatz, seinen Dabs und Vapes ein bisschen zusätzliches Myrcen zu gönnen; auch wenn der Geschmack vielleicht nicht jedermanns Sache ist. Doch aufgepasst! Terpene sind Lösungsmittel, und können somit reizend auf Haut und Atemwege wirken. Falls ihr euch gefragt habt, warum ihr nach manchen Dabs oder Vapes so husten müsst, habt ihr die Schuldigen nun vielleicht gefunden. In Fachkreisen spricht man von Terphusten. Allerdings können auch andere Faktoren wie zB Chlorophyll oder eine zu hohe Temperatur euer Dampferlebnis kratzig werden lassen. 

Sortenkunde 

Dem Geruch nach zu urteilen, ist Myrcen eher in indicalastigen Sorten zu finden, und sorgt dort angeblich sogar für dem Couchlock. Das Steephill Labor in Kalifornien publizierte, dass Sorten die weniger als 0,5% Myrcen enthalten eher sedierend eingeordnet werden sollten, Sorten mit mehr als 0,5% als anregend. Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht, denn auch in Sativa – Sorten wurden hohe Konzentration des Terpens gefunden. Dort kamen zusätzlich aber auch anregende Terpene wie Limonen in höherer Konzentration vor. Den doppelt sedierenden Effekt erreichen Kush – Sorten, und zwar, da sie zum hohen Myrcengehalt, noch das Sisquiterpen Caryophyllen enthalten. Zeit also, selbst zum Forscher zu werden, und das unglaubliche Potential der Terpene zu erschmecken und entdecken… 

Sonderfall Hashishen

Hashishen (im englischen Hashishene, ganz korrekt Dimethyl-1-vinylbiclohexal, in einigen Publikationen fälschlicherweise “Hashinen”) ist wohl den Wenigsten ein Begriff, was sie allerdings nicht uninteressanter macht. In einer multidimensionalen Studie, die sich im Jahr 2014 mit den flüchtigen Bestandteilen von Cannabis befasste, fand man Erstaunliches. Das wahrscheinlich aus Marokko stammende Hash, wies ein Terpen auf, dass man zuvor nur einmal gefunden hatte, und zwar in der schottischen grünen Minze. Dieses Terpen ist ein Degradationsprodukt von Beta – Myrcen, und entsteht durch Photooxidation. Man geht davon aus, dass die Verarbeitungsform des trockengesiebten und handverarbeiteten Hash, die die Entstehung von Hashishen möglich macht. Die lichtinduzierte Umlagerung von Beta – Myrcen entsteht möglicher Weise durch die in Marokko und dem Libanon übliche Trocknung des geernteten Materials auf Dächern und in Hinterhöfen in der Sonne. Das Molekulargewicht und die Formel der beiden verwandten Terpene unterscheiden sich nicht voneinander, die chemische Struktur jedoch signifikant; und da diese unbekannte Schönheit in relevanter Konzentration nur im Hash vorkommt, wurde sie auch gleich nach ihm benannt.

Reines Myrcen bei dabbing.de

dabbing.de Terps (Non-Canna-Derived) Variante “Marokkanisches Hash” mit 11% Hashishene

Zur Autorin:

Sarah Ann Rosa aka Die rasende Reporterin Berlin ist seit einem Jahr Journalistin in der weltweiten Cannabisbranche. Früher moderierte sie das Format Sens Sweed, und setzt sich fortlaufend für Legalisierung, Gerechtigkeit, politische Öffentlichkeitsarbeit und Akzeptanz ein. Ihre Artikel erscheinen regelmäßig in allen bekannten Magazinen.

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